Gefährdete Kunden

Laura Wissiak
Laura Wissiak

3 Min. Lesezeit

Wusstest Du?

  • 300.000 Menschen in Österreich haben keine oder eingeschränkte Deutschkenntnisse.
  • Für 56% ist es wichtiger, in ihrer Erstsprache kommunizieren zu können, als der Preis!
  • 7,1% der 16- bis 65-Jährigen haben sehr geringe Lesekompetenzen.

Natürlich variieren die genauen Zahlen je nach Land, aber die zugrundeliegenden Probleme sind die gleichen.

Wie können wir also Menschen mit begrenzten Sprachkenntnissen oder eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten durch die Customer Journey unterstützen?

Was haben wir herausgefunden?

Seit 2021 spricht fast die Hälfte der Wiener Bevölkerung nicht Deutsch als Erstsprache. Dazu gehören auch sogenannte Heritage Speaker, die fließend Deutsch sprechen, aber zu Hause häufiger die Sprache ihrer Eltern sprechen. Diese sind oft unfreiwillige Dolmetscher für ihre Familien.

Für mindestens 60.000 Menschen mit Lernschwierigkeiten in Österreich ist die Welt nur so groß, wie ihre Betreuer sie machen. Sozialtarife und ähnliche Angebote werden kaum genutzt, einfach weil niemand weiß, dass sie existieren! Prepaid-Tarife sind zur Kostenkontrolle beliebt, obwohl sie langfristig teurer sind.

24% der Teenager gelten als gefährdet, Leseschwierigkeiten zu haben.

Derzeit gibt es nur einen Anbieter in Österreich, der seine Website in 9 Sprachen anbietet – sonst niemand im österreichischen Markt! Obwohl die Daten eindeutig die Bedeutung unterstreichen. Der Finanz- und Tourismussektor zeigt bereits, wie es gemacht werden sollte: Alle relevanten Informationen sind in den meistgesprochenen Sprachen verfügbar und unbekannte Begriffe werden erklärt. Ein Paradebeispiel ist die George-App von der Erste Bank.

Nicht nur Kunden erleben eine Sprachbarriere. Selbst innerhalb von internen Mobilitätsjobmöglichkeiten gehen durchschnittlich 20% der Einarbeitungszeit aufgrund von unbekannten Abkürzungen und Fachbegriffen verloren. Fachjargon kostet Zeit.

Basierend auf diesen Erkenntnissen haben wir auch einige Ideen entwickelt, wo man anfangen könnte:

Sprachliche Zugänglichkeit für alle Medien: Kritische Informationen sollten - online und offline - in mehreren Sprachen und auch in leichter Sprache angeboten werden, um ca. 300.000 mehr Menschen zu erreichen.

Selbstbedienungsoptionen speziell für Menschen mit Lernschwierigkeiten und Leseschwächen: Da „weniger mehr ist“, sollten Selbstbedienungsoptionen nur wesentliche Daten enthalten. Zusammen mit Piktogrammen würde dies das Verständnis erleichtern und die Ängste von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen lindern, dass sie etwas falsch machen könnten.

Die Sprachvielfalt unter den Mitarbeitern sichtbar und nutzbar machen: Mitarbeiter in Geschäften und Servicehotlines sind genauso vielfältig wie die Kunden. Dies könnte sichtbar gemacht werden, zum Beispiel in Geschäften durch Namensschilder oder durch das Angebot einer Sprachauswahl bei Rückrufdiensten. Die Nutzung dieser bereits vorhandenen Talente würde zu höherer Kundenzufriedenheit und Standardisierung der Gesprächsdauer und Informationsqualität führen. Für 56% der Kunden sind Kommunikation und Beratung wichtiger für die Kaufentscheidung als der Preis selbst.

Betroffene und ihr Umfeld stärken: Lassen wir uns Informationen dorthin bringen, wo sie benötigt werden: Zu den Einrichtungen, zu den Betreuern - damit sie Menschen mit Lernschwierigkeiten unterstützen können. Aber auch zu den Menschen selbst, um ihnen zu zeigen, wie sie das Internet sicher nutzen können!

Die Welt ist nur so groß, wie Betreuer sie machen.

Patrizia, Betreuerin bei Caritas


Dieser Artikel wurde ursprünglich gepostet auf laura-wissiak.com/blog